Die Risse bei den Grünen

Risse bei den Grünen

Bedauerlicherweise erlagen etliche grüne Parteimitglieder in Geesthacht dem sozialen Druck und den eigenen Gelüsten, als Amtsträger durch die Stadt zu wackeln (im März 1986 fanden Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein statt) und kündigten Wüppesahl in der nun heftig entbrannten Auseinandersetzung die weitere Unterstützung auf.

Da er jedoch sämtliche Texte zuvor auf Mitgliederversammlungen hatte besprechen und mehrheitlich abstimmen lassen – die sachliche Richtigkeit der Sachverhalte stand nie in Frage –, hielten Kreisverband und Landesverband weiter zu ihm.

Thomas.
Thomas Wüppesahl, 1986.

Die Wut in dem grünen Ortsverband Geesthacht darüber war beeindruckend. Wie nicht nur aus dem peinlichen Aufruf der damaligen Geesthachter Ärzteschaft ersichtlich, wurden diverse grüne Parteimitglieder bearbeitet, in diesem Konflikt die Seite zu wechseln. Die Wut war jedenfalls so groß, dass die sich unter anderem durch Parteieintritte neu formierte Mehrheit Wüppesahl aufforderte, sein Kommunalmandat vorzeitig niederzulegen. Man hoffte darauf, er werde dies nicht tun, um formal endlich etwas gegen ihn in der Hand zu haben. Jedoch legte Wüppesahl knapp einen Monat vor der Kommunalwahl – der Aufforderung entsprechend – sein Mandat nieder.

Nach dieser Kommunalwahl gingen Jens Kalke, noch heute in der Kommunalpolitik tätig, in das Kuratorium des Johanniter-Krankenhauses und wurden hier mehr oder weniger vereinnahmt. Was aus dem grünen Ortsverband geworden ist, kann man bis heute besichtigen: ein – wie auf Bundesebene – angepasstes Häuflein von mit anderen Parteien austauschbaren Politikern und Politikerinnen. Die wenigen Ausnahmen bestätigen die Regel. Dies entspricht denn auch der Art und Weise, wie sich im Weiteren mit den unwirklich anmutenden Zuständen am Geesthachter Johanniter-Krankenhaus befasst wurde.

Letztlich ist die spätschleichende Trennung zwischen grüner und Wüppesahl wesentlich durch die Auseinandersetzung mit den Skandalen im Geesthachter Johanniter-Krankenhaus eingeleitet worden.

Zwar wurde er 1986 in das Präsidium des Landeshauptausschusses gewählt und 1987 auch in den Deutschen Bundestag, aber die grünen Lokalmatadoren – später auch jene in der Kieler Landesgeschäftsstelle – setzten nahezu alles daran, ihn zu isolieren.

Austritt bei den Grünen

Diverse Telefonate, Schreiben und Gespräche in die grüne Bundestagsfraktion hinein führten dann im Januar 1988 nach insgesamt drei Sondersitzungen zu seiner Entfernung aus der grünen Bundestagsfraktion.

Zuvor – und dies ist parteiensoziologisch bedeutsam – war ihm am 30. Mai 1987 auf einer Kreismitgliederversammlung die Solidarität für die zu diesem Zeitpunkt noch bevorstehenden Strafprozesse aufgekündigt worden. Insbesondere kam ein Kommunalabgeordneter der Grünen auf die selten dämliche Idee, Wüppesahl eine mit einem Hakenkreuz bemalte Blume mit den sinnigen Worten: „...für deine Sammlung...“ zu überreichen.

Jeder, aber auch jeder der Anwesenden wusste, wie stark Wüppesahl in die antifaschistische Arbeit seiner Region eingebunden war. Und jeder bekam den Vorfall mit. Dies fand unter den Augen des extra angereisten Landesgeschäftsführers und zum mehr oder weniger großen Vergnügen der Versammelten statt. So möge denn auch niemand glauben, dass irgend jemand unter den Anwesenden diesen Geistesriesen zurechtgewiesen hätte!

Nach Gesprächen mit Vertrauten trat Wüppesahl am Tag nach dieser nicht bloß für Grüne peinlichen Aktion am 31. Mai 1987 aus der Partei aus.

Zwar konnte Wüppesahl mit etlichen grünen Fraktionsmitgliedern weiterhin gut, ja hervorragend zusammenarbeiten, aber letztlich war ihm die Möglichkeit einer effektiven parlamentarischen Arbeit als ein fraktionsloser Abgeordneter durch den Ausschluss aus der Bundestagsfraktion zerstört worden. Daran änderte leider auch sein zum Teil erfolgreiches Organstreitverfahren nichts Entscheidendes, das im folgenden Kapitel beschrieben wird.